Namika

Ahmed (1960-2002)
Ende der 80er, sie besucht ihr Mutterland
Unbekannter Mann hält um die Hand meiner Mutter an
Sie will nicht heiraten
Doch würde aus Respekt zu ihren Eltern nie nein sagen
Und ist in Deutschland grad die Mauer gefall'n
Baut Marokko weiter an 'nem 2.000-Meilen-Verteidigungwall
Also Flucht übers Mittelmeer
Zwei-Zimmer-Wohnung, Frankfurt, sie nimmt ihn mit hierher
Und er tut nichts fürs Geld, denkt, es kommt schon von selbst
Sie trägt die Miete und putzt in Hotels
Er hat keine Lust, sich für den Job zu verstell'n
Und landet schnell tief in der Untergrundwelt
Und so geht er raus zum Drogenverkaufen
Während zu Hause seine hochschwangere Frau sitzt
Neunter Monat und er taucht nicht mehr auf
Bei ihr wachsende Schulden und wachsender Bauch
Auch mit Vermisstenanzeige ist nichts zu erreichen
Sie ist allein und verheiratet mit einem Geist
Ich werd' gebor'n, Mamas Familie ist da
Und mein Vater von Privatdetektiven gejagt
Später erfahr'n wir, dass er vor Jahr'n abgeschoben wurde
Sitzt die Haftstrafe ab in 'nem Knast bei Nador
Wird entlassen mit der Diagnose Krebs
Kommt auf die Idee, seine Familie wiederzuseh'n
Fordert uns zurück, so als wär'n wir sein Besitz
Nicht mal das macht er selbst, nur sein Schwager wird geschickt
Droht damit, mich zu kidnappen, falls er mich sieht
Seit diesem Tag durft' ich nie wieder alleine draußen spiel'n

Ich hab' ihn nie geseh'n, nie gehört, nie begriffen
Doch alle mein'n, ich sei ihm wie aus dem Gesicht geschnitten
Als er starb, war's für mich gar kein großer Schnitt
Ich war zu jung und er schon immer tot für mich
Und jetzt frag' ich mich, wie man über Tote spricht
Ich hör' so viel, aber bekam seine Version nie mit
Wie die Zeit auch verstreicht, ein Teil von ihm bleibt
Ahmed, 1960 bis 2002

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